Die Entwicklung der Studienabbruchquoten in Deutschland

Die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland zeichnet sich durch stetig wachsenden Bedarf an akademisch qualifizierten Fachkräften aus (Wissenschaftsrat, 2015; Gehrke, Kerst, Wieck & Weilage, 2021). Aus diesem Grund ist nicht nur ein Zugang breiter Teile der Bevölkerung zur hochschulischen Bildung von hoher Bedeutung, sondern auch die Sicherung des Studienerfolgs an den Hochschulen (Wissenschaftsrat, 2015).

Aus individueller Perspektive kann zwar ein Abbruch des Studiums sinnvoll sein, da sich im Studienverlauf keine Passung zwischen individuellen Studienvoraussetzungen und institutionellen Studienanforderungen eingestellt hat und sich die berufliche Neuorientierung als ertragreicherer Bildungsweg verweist (Neugebauer, Heublein & Daniel, 2019).

Aus gesellschaftlicher Perspektive aber erweist sich ein Studienabbruch als Fehlinvestition in das Hochschulsystem – als eine Investition, die ihren eigentlichen Zweck verfehlt, der Arbeitswelt akademisch qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung zu stellen (Bellmann & Leber, 2019). Studienabbruchquoten sind somit wichtige Indikatoren sowohl für den Erfolg der Hochschulen bei der Ausbildung akademisch qualifizierter Fachkräfte als auch für die Beurteilung der Qualität von Studium und Lehre (Wissenschaftsrat, 2017).

Die Ermittlung von Studienabbruchquoten erfolgt derzeit noch auf aggregierter Ebene. Das Statistische Bundesamt hat seit der Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes im Jahr 2016 (Deutscher Bundestag, 2016) mit dem Aufbau einer  Studienverlaufsstatistik begonnen, diese wird es aber erst in naher Zukunft ermöglichen, Studienabbruch- und Studienerfolgsquoten auf Basis individueller Studienverläufe.*

*Neben dem hier angewendeten statistischen Schätzverfahren des DZHW gehören aktuell dazu die seit 2009 regelmäßig veröffentlichten Studienerfolgsberechnungen des Statistischen Bundesamtes (Statistisches Bundesamt, 2021) und die Berechnungen im Rahmen des OECD-Berichts „Bildung auf einen Blick 2019“ (OECD, 2019).

Infobox: DZHW-Verfahren zur Berechnung von Studienabbruchquoten Das DZHW berechnet seit Ende der 1990er Jahre* auf Basis der amtlichen Statistik regelmäßig den bundesweiten Studienabbruch an deutschen Hochschulen** mit einem selbst entwickelten, elaborierten Kohortenvergleichsverfahren, bei dem die Absolvent*innen eines Jahrgangs mit allen jeweils relevanten Studienanfänger*innen ins Verhältnis gesetzt werden. Dadurch beziehen sich die Studienabbruchquoten der nach Abschlussarten unterschiedenen Studierendengruppen auf jeweils unterschiedliche Ausgangsgruppen von Studienanfänger*innen. Die auf Basis des Absolvent*innen-Jahrgangs 2020 berechneten Studienabbruchwerte für das Bachelorstudium gelten vor allem für die Studienanfänger*innen 2016 und 2017, während in den Staatsexamensstudiengängen die Jahrgänge 2013 bis 2015 die relevante Bezugsgruppe darstellen. Die Studienabbruchquote im Masterstudium bezieht sich dagegen auf den Jahrgang 2018 der Studierenden im ersten Fachsemester. Da je nach Abschlussart die Absolvent*innen eines Jahres aus verschiedenen Anfänger*innen-Jahrgängen stammen, wird ein korrespondierender Studienanfänger*innen-Jahrgang neu erstellt, in den alle in Frage kommenden Studienanfänger*innen-Jahrgänge mit dem Gewicht eingehen, das ihrem jeweiligen Anteil an den Absolvent*innen des ausgewählten Jahrgangs entspricht. Dies erfolgt getrennt für alle hier nach Abschlussart unterschiedenen Studierendengruppen. Da die Absolvent*innen eines Prüfungsjahrgangs aus verschiedenen, zahlenmäßig unterschiedlich starken Studienanfänger*innen-Jahrgängen stammen, sind bei der Berechnung zusätzliche Korrekturfaktoren zu berücksichtigen. Diese erlauben es, die Differenzen in den Studienanfänger*innen-Zahlen rechnerisch auszugleichen. Aus der prozentuierten Differenz zwischen der angepassten Zahl der Absolvent*innen und der Zahl der Studienanfänger*innen des neu erstellten Studienanfänger*innen-Jahrgangs ergibt sich dann die Studienabbruchquote. Für die Berechnung differenzierter Studienabbruchwerte mittels eines solchen Kohortenvergleichs müssen die Exmatrikulierten rechnerisch in den durch Hochschulart, Abschlussart und Fächergruppe bestimmten Studiengang zurückgeführt werden, in dem sie bei Studienbeginn immatrikuliert wurden. Dies hat Auswirkungen für die Interpretation der berechneten Studienabbruchquoten. So gehen z. B. in die Studienabbruchquote für Ingenieurwissenschaften auch Personen ein, die ein Studium in einem ingenieurwissenschaftlichen Studiengang aufgenommen haben, dann aber in eine andere Fächergruppe wechselten, z. B. in Mathematik und Naturwissenschaften, und dort erst ihr Studium abgebrochen haben. Ausführliche Informationen zum Berechnungsverfahren unter: www.dzhw.eu/pdf/pub_brief/dzhw_brief_05_2022_anhang.pdf

Dr. Ulrich Heublein
heublein@dzhw.eu

Christopher Hutzsch
hutzsch@dzhw.eu

Robert Schmelzer
schmelzer@dzhw.eu

Ulrich Heublein und Christopher Hutzsch sind wissenschaftliche Mit- arbeiter der Abteilung "Bildungs- verläufe und Beschäftigung" am DZHW. Robert Schmelzer ist Mit- arbeiter der Abteilung "Infrastruktur und Methoden" am DZHW

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